Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden aus der Ratssitzung vom 14.03.2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst die gute Nachricht vorweg: auch in diesem Jahr kann auf eine Erhöhung der Grundsteuer verzichtet werden. Damit wird Wohnen für alle Bürgerinnen und Bürger Iserlohns nicht noch teurer. Das ist dann auch die einzige gute Nachricht.

Denn eine Krise jagt die andere. Die Pandemie ist nahtlos in den Ukraine-Krieg und in der Folge in eine Energiekrise übergegangen. Nahezu jeder hat unter drastisch gestiegenen Lebenshaltungskosten zu leiden. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts in weite Ferne gerückt.

Mit vorliegendem Entwurf der Haushaltssatzung wird ein Defizit von 11,1 Mio. € geplant. Aufgrund aktueller Einflüsse spricht der Kämmerer derzeit von „nur noch“ 9,5 Mio. €. Ist das ein Grund zum Aufatmen? Keinesfalls! Zu unbeständig und damit nicht sicher planbar sind wesentliche Einflussfaktoren wie z. B. Kreisumlage und Personalkosten auf der einen Seite sowie Schlüsselzuweisungen, Einkommensteueranteile und Gewerbesteueraufkommen auf der anderen Seite. Die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2024 bis 2026 bietet ebenfalls keinen Anlass zum Optimismus. Diese weist nämlich konstant jährliche Defizite in Millionenhöhe aus.

Aus dieser Not heraus und getragen vom Wunsch aller Akteure, keine Steuererhöhungen beschließen zu müssen, wurde die Verwaltung beauftragt, sämtliche freiwilligen Leistungen der Stadt aufzulisten und hieraus ein Einsparvolumen von 10% zu definieren. Nun, die Verwaltung hat ihren Auftrag erfüllt. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Gut 1,7 Mio. € an Einsparungen könnten realisiert werden.

Etwas neidisch schaue ich dieser Tage nach Hemer hinüber. In ähnlich schwieriger Haushaltslage war auch in unserer Nachbargemeinde die Vermeidung von Steuererhöhungen das oberste Ziel. Dort haben alle Fraktionen das Einende vor das Trennende gestellt und zum Wohle ihrer Bürgerinnen und Bürger zusammengearbeitet. In schwierigen Zeiten eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Der Lohn der Mühe? Im ungleich kleineren Hemer werden 1,3 Mio. € eingespart.

Und bei uns? Von Einigkeit in Krisenzeiten keine Spur! Da legt eine Koalition aus CDU, SPD und FDP eine Einsparliste vor, die den Namen nicht verdient, weil aus der Verwaltungsvorlage gerade mal 300.000 € übrig bleiben sollen. Unsere Fraktion präsentiert eine eigene, sehr viel weitergehende Liste und kommt auf deutlich mehr als 1 Mio. €. Andere Fraktionen wiederum fühlen sich schlicht überrumpelt, sprechen angesichts der sicheren Stimmenmehrheit der Dreierkoalition von einer „Friss oder stirb“-Methode und lehnen alles gleich ganz ab.

Eine gerne erzählte Geschichte ist, dass Sparen mit einem Niedergang des sozialen und kulturellen Lebens einer Stadt einhergehen würde. Nach unserer Auffassung wäre jedoch gerade ein „weiter so“ sozial unverantwortlich. Ohne eine durchdachte und nachhaltige Sparpolitik ist eine Erhöhung der Grundsteuer unausweichlich. Und die würde dann ausnahmslos alle treffen, übrigens auch die Unternehmen und Gewerbetreibenden.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass vor rund 10 Jahren mit Hilfe eines freiwilligen Haushaltssicherungskonzeptes ein durchschlagender Sparerfolg erzielt wurde. Trotzdem bewegen wir uns heute im Bereich des Sports, der Kultur oder des sozialen Miteinanders immer noch auf anhaltend hohem Niveau. Wir regen daher an, über unseren leider nicht zustande gekommenen Vorschlag einer freiwilligen Haushaltssicherung erneut nachzudenken.

Unsere Fraktion ist fest davon überzeugt, dass ein deutlich ambitionierteres Sparen aller Mühen wert ist. Denn die Herausforderungen der Zukunft sind riesig.

Da sind zum einen die vor uns liegenden großen Investitionsvorhaben wie das Schillerplatzprojekt, die neue Feuerwehrhauptwache oder Abriss und Neubau des Rathauses. Genauso darf jedoch auch die dringend erforderliche Erhaltung der Infrastruktur ­– Schulen und Straßen seien hier exemplarisch genannt –  nicht vernachlässigt werden. Keinesfalls darf das Volumen der Investitionen die Leistungsfähigkeit der Stadt übersteigen. Es müssen Prioritäten gesetzt werden!

Die zweite große Herausforderung stellt die Bilanzierungshilfe nach dem Covid19-Ukraine-Isolierungsgesetz dar. Hier ist ab dem Jahr 2026 ein Betrag von voraussichtlich deutlich mehr als 20 Mio. € abzuschreiben, was zu weiteren enormen Haushaltsbelastungen führen wird.

Der dritte Grund zur Sorge ist die vom Kämmerer prognostizierte Entwicklung der Kassenkredite. Seit geraumer Zeit nahezu unverändert über 80 Mio. € verharrend, könnte bis 2026 ein Höchststand von 110 Mio. € erreicht sein. Und das bei steigendem Zinsniveau, was in diesem Jahr bereits eine Zinsbelastung von knapp 1,5 Mio. € bedeutet. Tendenz steigend.

So berechtigt die Forderungen gegenüber Bund und Land hinsichtlich einer nachhaltigen und auskömmlichen Finanzausstattung der Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch sind, so wenig können wir uns der Verantwortung entziehen, sparsam mit den finanziellen Ressourcen der Stadt umzugehen. Das sind wir nachfolgenden Generationen einfach schuldig. Denn sie sind es, die die Geschicke dieser Stadt einmal zu lenken haben.

An das Ende meiner Ausführungen möchte ich folgendes Zitat setzen: „Für den Normalbürger bedeutet Sparen: Er gibt das Geld, was er hat, nicht aus. Für den Staat bedeutet Sparen: Er gibt das Geld, was er nicht hat, nicht aus.“

Wie immer haben der Kämmerer und sein Team bei der Haushaltsaufstellung großartige Arbeit geleistet. Im Hinblick auf die vollständige Auflistung aller freiwilligen Leistungen und deren Bewertung möchte ich an dieser Stelle aber auch die monatelange Detailarbeit der übrigen Ressorts ausdrücklich würdigen.  Bürgermeister Joithe und die gesamte Verwaltung haben die Stadt gut durch krisenhafte Zeiten gelotst. Dafür Ihnen allen unseren herzlichen Dank!

Unsere Fraktion wird dem vorliegenden Haushalts- und Stellenplan zustimmen und verbindet dies mit der Hoffnung, dass in Bezug auf einen entschlossenen Sparkurs das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!